Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte |
Der erste Band der Schriftenreihe ist der Landeshauptstadt Thüringens und damit einer der größten mittelalterlichen Städte Deutschlands und deren reichem Bestand an mittelalterlichen Bau- und Kunstwerken gewidmet. Die zwölf Beiträge beschäftigen sich zum einen mit Gebäuden bzw. deren Spuren, die vorher nie Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung waren. Das gilt zuallererst für den archäologischen Grabungsbericht, aber auch für die Ausführungen über bauhistorische Untersuchungen an Profanbauten der Erfurter Altstadt. Zum anderen wenden sie sich bekannten Bau- und Kunstwerken, wie der Predigerkirche, dem Domchorgestühl oder dem Haus „Zur Engelsburg“ zu. Dabei bringt die erneute Beschäftigung mit diesen Objekten unter neuen Fragestellungen, mit einer präziseren Methodik und durch quellenkritische Analysen vielfältige neue Erkenntnisse hervor, die unser Bild von diesen Baudenkmalen und ihrer Geschichte wesentlich verändern.
Inhaltsverzeichnis
Rezensionen / Presse Die alte Stadt, 1/2005, S. 82-83: Überblickt man die Forschungen zur Erfurter Geschichte der letzten Jahre, fällt zweierlei auf: einmal die Konzentration auf das Mittelalter und, abgeschwächt, auf die Neuzeit, zum andern das Engagement jüngerer, moderne Fragen des Faches aufgreifender und interdisziplinär arbeitender Wissenschaftler. Besondere Beachtung verdienen ihre Erkenntnisse in der Kunstgeschichte und in der historischen Bauforschung. Letztere erhielt durch die forcierte innerstädtische Bautätigkeit in den 1990er Jahren einen kräftigen Impuls. Dem Rechnung tragend, haben der Bauhistoriker Escherich und die Kunsthistoriker Misch und Müller die „Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte“ ins Leben gerufen, deren erster Band hier anzuzeigen ist. Anliegen der „Studien“ ist es, „unmittelbar an den Kunst- und Bauobjekten“ gewonnene Ergebnisse vorzustellen und zwar für den ganzen Thüringer Raum. Der erste Band widmet sich aber Erfurt. Detlef
Wulf untersucht die sich wandelnde „Nutzungsgeschichte eines städtischen
Randgebietes“ vom hohen Mittelalter bis in die Neuzeit und weist nach, dass
das Areal nahe der Stadtmauer wegen der anfangs schwachen Besiedlung und der natürlichen
Windverhältnisse der bevorzugte Arbeitsplatz des mit Feuer umgehenden Glas
verarbeitenden Handwerks war. Elmar
Altwasser gelingt die „Erschließung einer Mauer als bauhistorische Quelle“,
indem er aus der Analyse der Hauswand die ursprüngliche Gestalt eines
dreigeschossigen Hauses aus der Zeit um 1150 und dessen spätere Umbauten
rekonstruiert und dabei betont, dass dieses Gebäude nur eines aus einer ganzen
Gruppe gleichzeitiger steinerner Großbauten ist. Christian Misch behandelt in methodisch ansprechender Verknüpfung von
bauhistorischen und
archivalischen Quellen die „Häuser ‚Zur Engelsburg‘ und ‚Zum Schwarzen
Roß“‘ und kann feststellen, dass das bekannte, mit dem Wirken des
Humanisten Eobanus Hessus verbundene Gebäude „Zur Engelsburg“ Anfang der
1950er Jahre wegen Baufälligkeit abgerissen wurde und das heute noch stehende,
in den ältesten Teilen aus romanischer Zeit stammende Haus „Zum Schwarzen Roß“
fälschlich als „Engelsburg“ bezeichnet wird. Paul
Zalewski befasst sieh in vergleichender Absicht mit den „spätmittelalterlichen
Stockwerkfassaden in Erfurt“ und bestätigt, auf Thüringen bezogen, den
Befund einer Übergangszone zweier Fachwerklandschaften. Der
in bau-, geistes- und kulturgeschichtlicher Hinsicht herausragenden
Predigerkirche sind die drei Beiträge von Thomas Staemmler und Nils Metzler,
Sven Raecke sowie Thomas Nitz gewidmet. Während Staemmler und Metzler über die
„Untersuchung und Behandlung der Werksteinfassaden“ berichten und Raecke das
„Hauptportal der Erfurter Predigerkirche“ im direkten, die privilegierte
Position der Dominikaner betonenden Baubezug zum Portal der Stiftskirche St.
Marien darstellt, gibt Nitz einen baugeschichtlich und denkmalpflegerisch
orientierten Überblick über das „Erfurter Predigerkloster vom 13. bis zum
20. Jahrhundert“ der durch die neuen Erkenntnisse ebenso besticht wie durch
den kenntnisreichen Umgang mit den unterschiedlichen Quellen. Rainer
Müller erörtert das Bildprogramm am „Chorgestühl im Dom zu Erfurt“, ohne
es indes, wie andere vor ihm, in allen Einzelheiten schlüssig deuten zu können.
Kristin Böse betrachtet den nach 1460 entstandenen „Magdalenenteppich aus dem
Erfurter UrsuIinenkloster“ als ein Bildzeugnis der Klosterreform, der sich die
Magdalenerinnen unterzogen. Karl-Heinz
Meißner versucht mit dem Begriffspaar „Bewahrung und Veränderung“ die
Konsequenzen der Reformation für die evangelischen Kirchen aufzuzeigen. Mark
Escherich spürt dem Umgang mit „mittelalterlichen Sakralbauten im Erfurt der
NS-Zeit“ nach und stellt die kulturpolitischen Hintergründe heraus. Udo
Hopf beleuchtet mit der Baugeschichte von „Großvargula“ eine der
strategisch wichtigen Burgen im Erfurter Landgebiet. Alle
Beiträge des Bandes sind sorgfältig erarbeitet und mit erläuternden
Abbildungen und Karten versehen. Sie bieten den derzeitigen Forschungsstand und
führen vielfach weit über ihn hinaus. Ulman Weiß
Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, Heft 66 (Neue Folge 13), Erfurt 2005, S. 234-237: Drei engagierte Bauforscher, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker haben
sich zum Ziel gesetzt, „den
zahlreichen, seit einigen Jahren in verstärktem Maß entstehenden
Forschungsarbeiten und Untersuchungen zu Kunst- und Baudenkmalen des Thüringer
Raums ein wissenschaftliches Forum zu bieten (so die Herausgeber im Editorial),
und der Lukas Verlag in Berlin nutzt die Gelegenheit, seinen recht erfolgreichen
Studienreihen eine weitere hinzuzufügen. Der erste Band ist der thüringischen
Landeshauptstadt „im Mittelalter“ gewidmet und vereint zwölf Aufsätze von
der archäologischen Erforschung hochmittelalterlicher Siedlungskerne über
Einzeluntersuchungen an Häusern und Kirchen und die Betrachtung von Werken der
bildenden Kunst bis hin zu den Schicksalen der Denkmale in der Neuzeit. Die
Beiträge sind chronologisch geordnet und instruktiv bebildert. Detlef Wulf nennt seinen, den ersten, Beitrag „Zur Nutzungsgeschichte eines städtischen Randgebietes“. Es geht um die aufgrund der Grabungsbedingungen unterschiedlichen Ausgrabungsergebnisse in der Trommsdorffstraße und der Meyfartstraße. Der Autor stellt sechs Hauptnutzungsphasen vom 12. bis zum 19./2O. Jahrhundert fest. Den Grubenhäusern folgen erst im 14. Jahrhundert frühe Steinbauten, vom 15. bis zum 18. Jahrhundert kann von massivem Bauen gesprochen werden, das schließlich von der modernen parzellenübergreifenden Bautätigkeit abgelöst wird. Nach den Abbildungen zu urteilen, scheint die Ausbeute an Sachfunden, Keramik vor allem, ergiebig gewesen zu sein. Elmar Altwasser steuert seine Entdeckung des romanischen Hauses auf dem
Grundstück Michaelisstraße 30 - „Erfurt, Michaelisstraße 30 (Hinterhaus),
Bestandsaufnahme und bauhistorische Untersuchung“ - bei, wie von ihm gewohnt
mit steingerechtem Aufmaß und daraus entwickelten Bestandszeichnungen. Als
Ergebnis kann der Autor die „Rekonstruktion von zwei hochmittelalterlichen Großbauten“
anbieten, die er ebenfalls zeichnerisch darstellt, im Endzustand dreigeschossig
massiv mit hölzerner Außentreppe das eine, das andere ein Wandständerbau des
14. Jahrhunderts. Bei der Renaissance-Überformung (1597) blieb davon nur die
untersuchte Mauer übrig. Christian Misch schließt sich mit längeren Ausführungen zu dem mit dem
Erfurter Humanistenkreis verbundenen und allgemein unter dem Namen Engelsburg
bekannten Gebäudekomplex zwischen Allerheiligen- und Marktstraße an. Er
hinterfragt zunächst den bisherigen Forschungsstand einschließlich neuerer
Bauuntersuchungen, die von Frank Horny und seitens der TU Berlin unter Leitung
von Johannes Cramer durchgeführt wurden, und beschreibt dann ausführlich den
erhaltenen Bestand der Gebäude, die heute das Ensemble mit der Unterteilung in
Engelsburg-Süd, Engelsburg-Ost und Engelsburg-Nord ausmachen, ursprünglich
aber selbständige Anwesen waren. Hervorzuheben ist, dass im Teil Süd ein
romanischer Keller des 12. Jahrhunderts festgestellt werden konnte, der einzige
in Erfurt bekannte mit einer erhaltenen Holzbalkendecke. Man setzt allerdings
Holzbalkendecken in anderen Kellern voraus, die nachweislich später gewölbt
worden sind. Dendrochronologische Datierungen ergaben 1156 als Entstehungszeit.
Misch geht dann den späteren Bauphasen nach und wiederholt die Betrachtung bei
den anderen Gebäuden, wobei im Haus zum Schwarzen Ross abermals eine
Besonderheit, nämlich eine Holzstube, festzustellen ist. Holzstuben galten in
Thüringen als Seltenheit, sind aber inzwischen häufiger gefunden worden.
Instruktive Zeichnungen am Ende des Beitrages unterstützen die Darlegungen. Auch der anschließende Aufsatz von Paul Zalewski ist einem Bürgerhaus
gewidmet. Man sieht der verputzten Fassade des Hauses Futterstraße 17 nicht an,
daß sich dahinter ehemals ein Fachwerkhaus verbarg. Zalewski bietet Aufmaß
(Claudia Mohn während der letzten Restaurierung) und Rekonstruktionen sowie
Vergleiche, mit denen er zu der Schlussfolgerung kommt, dass thüringisches
Fachwerk durch fränkische wie harzländische Einflüsse geprägt war. Er schließt
mit einem Appell zur „systematischen und flächendeckenden Erfassung“ des
schwindenden Bestandes. Udo Hopf schenkt der Burg Großvargula seine Aufmerksamkeit, deren
mittelalterliche Baugeschichte im Zuge der Errichtung eines neuen Seniorenheims
archäologisch erforscht werden konnte. Das Gottfried Heinrich Krohne
zugeschriebene und fast unverändert erhaltene Amtshaus von ca. 1730 ist jedoch
heute das den Ort bestimmende Gebäude. Es dürfte ein Anliegen der Herausgeber der Studien sein, besonders dem
Profanbau, den Ergebnissen der Hausforschung
und der Stadtkernarchäologie soviel Raum zu geben, etwa die Hälfte des Bandes.
Der Kirchenbau, der gewöhnlich bei der Betrachtung mittelalterlicher
Architektur das Schwergewicht bildet, kommt erst an zweiter Stelle in Form von
drei Aufsätzen zum Predigerkloster
und seiner Kirche zur Sprache. Zunächst stellen Thomas Staemmler und Nils
Metzler anhand ihrer Untersuchungen an den Werksteinfassaden der Predigerkirche
ein Restaurierungs- und Konservierungskonzept vor. In einem Anhang bieten sie
einen Katalog der Steinmetzzeichen, und Sven Raecke steuert spezielle
baugeschichtliche Untersuchungsergebnisse zum Westportal bei: Es haben sich Übereinstimmungen
mit den Maßen und den Formen des Triangelportals vom Dom ergeben, Figuren an
den dafür vorgesehenen Plätzen aber scheint es nicht gegeben zu haben. Den
dadurch nahegelegten Schluss, dass das Portal früher als 1360 entstanden sei,
zieht der Autor jedoch nicht. Schließlich fügt Thomas Nitz Ausführungen zu
den Klostergebäuden hinzu mit dem Ziel, aus den erhaltenen Resten die
Rekonstruktion der Gesamtgestalt zu gewinnen. Die
gleichsam nächste Abteilung der Aufsatzsammlung hat die Werke der bildenden
Kunst, die zu den Ausstattungen von Erfurter Kirchen des Mittelalters gehören,
zum Inhalt. Als erster behandelt Rainer Müller das Chorgestühl des Domes unter
ikonologischen Gesichtspunkten. Der Aufsatz geht auf ein umfangreicheres
Manuskript zurück, das als Einzelpublikation bisher leider nicht veröffentlicht
werden konnte. Um so erfreulicher ist die Aufnahme einer gekürzten Fassung in
den vorliegenden Band. Müller hinterfragt vordergründige Bilddeutungen und
bietet aus dem Kontext des Gesamtprogramms gewonnene und der Funktion des Gestühls
in der Liturgie entsprechende, theologisch vertiefte Interpretationen. Er
erkennt eine Hierarchie im Gestühlsaufbau, die der des Domkapitels entspricht,
und auch eine Gestaltung, die dem folgt. Die Bildthematik verweist auf der Südseite
mit Symbolen, Figuren und Szenen auf die Eucharistie, auf Sündenfall und Erlösung,
die auf der Nordseite verweist auf die Todesüberwindung durch Christus und den
Lobpreis Gottes. Abschließend betont der Autor in seiner vorsichtigen Diktion
aber doch die Ambivalenz mittelalterlicher Bildwelt, die gegensätzliche
Deutungen zulässt, und spricht auch der künstlerischen Gestaltung in dem von
ihm gesehenen Gesamtzusammenhang die Bedeutung nicht ab, wie es sonst oft
geschieht. Einige Abbildungen mehr hätte man sich bei diesem Beitrag allerdings
doch gewünscht. Ähnlich
den Gegenstand deutend, geht Kirstin Böse bei der Betrachtung Die
abschließenden zwei Beiträge des Bandes befassen sich mit neuzeitlichen
Schicksalen mittelalterlicher Bauten und Kunst in Erfurt. Karl-Heinz Meißner erörtert
Konsequenzen der Reformation für evangelische Kirchbauten, und Mark Escherich
zeigt anhand der Beispiele Severikirche, Augustinerkirche und Petersberg, was
aus mittelalterlicher, wohl nicht zufällig romanischer Sakralarchitektur während
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und im besonderen in der NS-Zeit auch in
Erfurt werden sollte. Meißner kommt zu dem Ergebnis, dass die Nutzung
mittelalterlichen Kunstguts und baulichen Bestandes durch Protestanten keine größeren
Verluste als anderswo bewirkt habe, sondern dass sich „die bewahrende Kraft
des Luthertums“ (Johann Michael Fritz) auch hier ausgewirkt hat. Der Beitrag
von Mark Escherich gerät zu einem kritischen, beinahe brisant zu nennenden
Bericht über Leistungen der Denkmalpflege im 20. Jahrhundert, die ja seit
dessen Beginn überzeugt war, mit der Überwindung des Historismus den Zugang
zur bau- und kunstgeschichtlichen Wirklichkeit gefunden zu haben, tatsächlich
aber im Schlepptau zeitgenössischer und dabei vielfach ideologisch
determinierter Geschmacksrichtungen handelte. Wie immer bei Aufsatzsammlungen gibt es Unterschiede im Aufbau der Texte
(vorteilhaft die in der Mehrzahl der Fälle gebotenen Zusammenfassungen) und in
den Diktionen. Entscheidend aber ist letztlich der wissenschaftliche Ertrag, der
Erkenntnisgewinn und dessen Publikation, die ja gleichzeitig die Funktion einer
Dokumentation von oft jahrelanger und nicht immer beachteter Forschungsarbeit
hat. So gilt es, den Initiatoren für ihren Mut und ihre Ausdauer zu danken,
auch dem Verlag und den Sponsoren, und ihnen für die Fortsetzung der Herausgabe
der „Studien“, die ja auch über den rein städtischen Rahmen hinaus ein
„Forum“ bilden sollen, Erfolg zu wünschen. Ernst Badstübner
Die
Rampensau. Literatur, Kunst und Alltag in Erfurt, Heft 3/2003 Es
gibt Nachrichten, die lassen einen wieder an das Gute glauben. Die lassen einen
vergessen, dass wir in einem armen Land leben. Das öffentliche Bedürfnis nach
Kultur ist angeblich nicht mehr zu befriedigen, weil es nicht mehr zu bezahlen
sei. Ein mittlerweile vielzitiertes Beispiel ist die Pflege wertvoller
historischer Kunst- und Bauwerke. Zwar ist Denkmalpflege unser aller Pflicht
(zumindest vor dem Gesetz), immer weniger wollen aber etwas in sie investieren.
Allen voran geht der Staat. Auf seiner Suche nach Sparposten ist er schon längst
in diesem Terrain fündig geworden. Privatleute und Unternehmen fragen sich
seitdem immer öfter, warum sie sich für die gemeinsame Aufgabe engagieren
sollen, während sich der Staat klammheimlich zurückzieht. Doch Ausnahmen bestätigen
die Regel. So lehrt es zumindest ein jetzt erschienenes Buch, das sich der
lokalen Kulturgeschichte Erfurts annimmt und öffentliches und bürgerschaftliche
Engagement vereint: Die Herausgeber und Autoren, die sich - wie das Buch belegt
- nicht nur beruflich mit der Bau- und Kunstgeschichte Erfurts beschäftigen,
wurden unterstützt von der Kulturförderung des Thüringer Kunstministeriums
und vom Erfurter Architekturbüro Hans Herb. „Erfurt
im Mittelalter“ widmet sich einer kulturellen Blütezeit Erfurts, über deren
Niveau man nur staunen kann. Im 13. und 14. Jahrhundert gehörte die heutige thüringische
Landeshauptstadt nicht nur in die erste Reihe deutscher Großstadtmetropolen,
sondern war auch Kunstzentrum von nationalem Rang. Künstlerische und bauliche
Zeugen dieser Zeit werden in den zwölf Einzelaufsätzen des Buches vorgestellt.
Die Auswahl zeigt dabei ein recht weit gefächertes Spektrum. Es reicht von
einer bloßen Mauer (!) im Andreasviertel - die von einem Kunst- und
Bauhistoriker zum Sprechen gebracht wird - , über einen neun Quadratmeter großen
Bildteppich - an dem im Ursulinenkloster jahrzehntelang gestickt wurde - bis hin
zu klassischeren Betrachtungsgegenständen: profane und sakrale Bauwerke. Sie
werden von meist völlig neuen Seiten
betrachtet, wie z. B. die Predigerkirche oder das Chorgestühl im Dom. Ein wohl
über hundert Jahre langer Rattenschwanz von Legenden und Wahrheitsverdrehungen
wird in dem Aufsatz über die E-Burg abgeschnitten. Demnach ist die Humanistenstätte
in dem berühmten Erkerzimmer an der Kirchhofgasse eine praktikable Erfindung. Die
Autoren öffnen auch ganz neue Töpfe: Themen, von denen man bisher in Erfurt
sehr selten etwas vernehmen konnte, wie beispielsweise die Veränderungen an
mittelalterlichen Kirchen in der Neuzeit - bis hin zu der reflektierenden
Selbsthinterfragung des Buchtitels: Wie mittelalterlich sind Erfurts
mittelalterliche Denkmale eigentlich? Das alles zeigt das kritische Bewusstsein, mit dem Herausgeber und
Autoren an die Sache gingen. Da lässt es sich gespannt hoffen, was da noch
kommen mag. Das Editorial verrät nämlich: Mit dem Band „Erfurt im
Mittelalter ...“ ist eine neue Schriftenreihe ins Leben gerufen. Sie soll zukünftig
weiteren Untersuchungen zu Kunst- und Baudenkmalen des Thüringer Raumes ein
publizistisches Forum bieten - ein unverhoffter Lichtblick in prosaischen
Zeiten? Klaus Baum
Bulletin d’Information de la Mission Historique Française en Allemagne, Librairie Allemande, 40/2004, S. 349: Ce premier volume d’une nouvelle collection destinée à mettre en valeur les œuvres architecturales et artistiques de la Thuringe est consacré au patrimoine médiéval d’Erfurt. La première contribution consiste en un rapport préliminaire de fouilles réalisées à l’est du centre-ville et permettant de suivre l’évolution de l’habitat dans cette zone à partir du XIIe s. L’architecture civile est particulièrement bien représentée, avec plusieurs études (illustrées par des photographies et des relevés planimétriques) de maisons remontant, pour certaines, au XIIe s. Par ailleurs, un article présente l’histoire de la fortification élevée au bas Moyen Âge sur une île de l’Unstrut (Großvargula), mentionnée semble-t-il dès le VIIIe s. dans un acte de Fulda. L’architecture religieuse est abordée dans trois travaux concernant l’église des Dominicains (sur les murs extérieurs, le portail et les transformations du bâtiment entre le XIIIe et le XXe s.). Quant au patrimoine artistique religieux, il est représenté par les stalles de la cathédrale (XIVe s.), dont le programme iconographique est analysé en détail, et par la tapisserie de la Madeleine (réalisée entre 1460 et 1480), provenant du couvent des Ursulines. Les deux dernières contributions concernent le destin du patrimoine médiéval d’Erfurt à l’époque moderne et contemporaine : il s’agit, d’une part, d’une analyse de l’incidence de la Réforme sur l’architecture religieuse et, d’autre part, d’un bilan de la politique des autorités nazies à l’égard des églises de cette ville. Philippe Depreux (MHFA) |