Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte

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Band 3:
Entstehung und Wandel mittelalterlicher Städte in Thüringen

Rezensionen:

Peter Lange in Rudolstädter Heimathefte (RHH), 54. Jg. (2008), Heft 3/4, S. 105

Holger Berwinkel in Jahrbuch für Erfurter Geschichte, Band 4, Erfurt 2009, S. 273-275

Lesetip in Stadt und Geschichte No. 36, Heft 04/07, Erfurt 2007, S. 31


Rudolstädter Heimathefte (RHH), 54. Jg. (2008), Heft 3/4, S. 105:

Der vorliegende dritte Band der Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte enthält 18 Beiträge von 19 Autoren und wäre für die Leser der Rudolstädter Heimathefte eigentlich uninteressant, weil sich die Beiträge hauptsächlich auf die Städte Jena (4), Erfurt (3) und Nordhausen (2) beziehen. Aber ein zwölfseitiger Beitrag von Dr. Gerhard Werner „Zur topographisch-historischen Entwicklung der Stadt Saalfeld im Mittelalter" bindet auch das Gebiet unseres Landkreises ein. Gerhard Werner schildert darin anhand von Planskizzen und Abbildungen die bauliche Entwicklung von Saalfeld, ausgehend vom karolingischen Königshof (im Bereich des heutigen Schlosses) und einem kurkölnischen Grundhof (im Bereich des „Hohen Schwarms") auf instruktive Weise. Allerdings konnten aufgrund der langen Druckzeit dieses Bandes neuere Arbeiten zu diesem Thema u. a. von Dr. Henning (RHH 2005, S.180 ff.) oder Thomas Bienert (Burgen und Schlösser in Thüringen 1999/2000) nicht berücksichtigt werden. Aufsätze über Naumburg, Jena und Nordhausen bieten gute Vergleichsmöglichkeiten mit der Saalfelder Entwicklung. In besonderem Maße aber fordert der Aufsatz von Hartmut Wenzel „Über Marktflecken und kleine Städte in Thüringen" zum Vergleich heraus. Einmal in Hinblick darauf, dass dabei die besondere Bedeutung der Entwicklung der Stadt Saalfeld deutlich wird, zum anderen, weil der Wenzelsche Beitrag, der eigentlich nur mittelthüringische Kleinstädte heranzieht, zeigt, was für die zahlreichen Kleinstädte in unserem Landkreis noch fehlt: Eine vergleichende Betrachtung ihrer städtebaulichen Entwicklung. Dies um so mehr, als Carsten Liesenberg in seinem Beitrag „Elemente mittelalterlicher Planstädte" auch für ostthüringische Kleinstädte solche Vergleiche anstrebt.
Alle baugeschichtlich Interessierten, die über das Kreisgebiet Saalfeld-Rudolstadt hinausschauen wollen, finden in dem hier rezensierten Band wertvolle Anregungen.

Peter Lange

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Jahrbuch für Erfurter Geschichte, Band 4, Erfurt 2009, S. 273-275:

Thüringen nördlich des Rennsteigs ist für diesen Sammelband ein dankbares Untersuchungsgebiet, um sich dem Phänomen der „Alten Stadt" anhand einer Reihe von unterschiedlich gewachsenen Beispielen zu widmen. Das Thema hat zwei Seiten, nach denen auch die insgesamt 18 hier versammelten Beiträge zu zwei Sektionen gruppiert sind: Zum einen geht es um die „Entstehung und Entwicklung der Städte im Mittelalter", zum anderen um „Mittelalterliche Städte im späten 19. und im 20. Jahrhundert". Dem Leser steht es jedoch frei, von der Reihenfolge des Inhaltsverzeichnisses abzuweichen und sich etwa anhand geographischer oder methodischer Zugänge seinen eigenen Pfad durch den inhaltsreichen Band zu bahnen.
Vorangestellt ist eine erhellende Einleitung des Altmeisters Cord Meckseper über „Stationen und Tendenzen stadtbaugeschichtlicher Forschung", die manches Rüstzeug vermittelt. Dem an Erfurt interessierten Leser wird von Karin Sczech ein nützlicher Überblick über die archäologischen Befunde im mittelalterlichen Stadtgebiet geboten. (Nicht nur dieser Beitrag fährt auch die Ernte der Altstadtsanierungen seit 1990 ein.) Rainer Müller thematisiert Entstehung und Verlust der das Erfurter Stadtbild über Jahrhunderte prägenden Vielzahl von Türmen. Mark Escherich betrachtet die Wandlungen des Angers seit dem Bau der Hauptpost, wobei die Ausgangslage hier wegen des Brandes von 1660 schon keine mittelalterliche mehr war. Ein weiterer Schwerpunkt ist Jena: Matthias Rupp und Lutz Scherf betrachten in zwei aneinander anschließenden Beiträgen die Wechselwirkungen von Parzellierung und Hausbau in der Stadtstruktur zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert. Birgit Hellmann widmet sich dem konservatorischen Wirken des Jenenser Kunsthistorikers Paul Weber (1868-1930) in seiner Stadt. Rüdiger Stutz' aus intensiver Archivarbeit geschöpfte Studie über städtebauliche Erneuerungs- und Wiederaufbaukonzepte in Jena vor und nach 1945 ist ein Glanzlicht, insbesondere durch die überzeugende Nachzeichnung konzeptioneller und personeller Kontinuitäten. In der Gestalt des Stadtplaners Joachim H. Schultze, der trotz NS-Belastung in seinem Fach bleiben konnte, erschließen sich interessante Querverbindungen zu den Wiederaufbauplänen im schwer zerstörten Nordhausen, mit denen sich Ulrich Wieler ebenfalls sehr erhellend auseinandersetzt. Auch der Architekt Paul Schultze-Naumburg (1869-1949) begegnet mehr als einmal im zweiten Teil dieses Sammelbandes: Klaus Jestaedt zeichnet sein einflussreiches Wirken als Teil eines Netzwerkes nach, das eifrig bestrebt war, Naumburg an der Saale (damals preußische Provinz Sachsen, heute Sachsen-Anhalt) zum Idealbild der mittelalterlichen deutschen Stadt zu stilisieren - und kontrastiert diese Mythenbildung instruktiv mit dem Verlust an mittelalterlicher Bausubstanz in Naumburg im 19. und im 20. Jahrhundert. Fassbar wird aus diesen Aufsätzen der geistesgeschichtliche Hintergrund, vor dem sich der Umgang mit der „Alten Stadt" bis 1945 und noch darüber hinaus vollzog, einschließlich der Ideologisierung durch den Nationalsozialismus. Leider enthält der Band keine entsprechenden Aufsätze zur Behandlung dieses Erbes in der DDR vor allem seit den 1960er Jahren, die bekanntlich den flächigen Abriss gut erhaltener Quartiere zugunsten maßloser Neubau- und „Restrukturierungs"-Pläne einschloss. Harald Keglers persönlich gehaltene Erinnerungen an die „Städtebauausbildung an der Architektur-Hochschule Weimar" um 1980 sind als solche instruktiv, können diese Lücke aber nicht füllen, ebenso wenig die engagierten Ausführungen Hermann Wirths, die auch denkmalpflegerische Problemfälle aus der Zeit ab 1990 wie das Erfurter Angereck einschließen. Die gegenwärtigen Probleme des Denkmalschutzes im Rahmen des nicht zuletzt durch den demographischen Wandel und die Abwanderung erzwungenen „Stadtumbaus" in Thüringen erläutern zum Abschluss des Bandes Olaf Langlotz und Antje Thiel.
Zurück zur „Entstehung und Entwicklung der Städte im Mittelalter": Mit Ernst Badstübner verfolgt ein ausgewiesener Kenner der Materie das Leitthema am Beispiel Eisenachs durch die bewährte Kombination der Untersuchung des Stadtgrundrisses mit Ergebnissen der Bau- und Kunstgeschichte. Die flankierenden Beiträge von Hans-Jürgen Grönke und Gerhard Werner zur Entwicklung von Nordhausen und Saalfeld schreiben in hohem Maße die ältere stadtgeschichtliche Literatur und den Thüringen-Band aus der Reihe der „Deutschen Königspfalzen" aus.[1] Hartmut Wenzels deskriptiver Überblick über Klein- und Kleinststädte in Mittelthüringen ist kursorischer Art; ein einheitlicher und stringenter methodischer Zugriff hätte seinen Wert erhöht. Darin liegt die Stärke von Carsten Liesenbergs Ausführungen zur Bedeutung des planerischen Elements im mittelalterlichen Städtebau, doch auch seine Schwäche, denn Liesenberg nutzt allein die Quellengruppe der neuzeitlichen Flurkarten. Die methodischen Probleme dieses Ansatzes werden zwar reflektiert, können aber nicht ausgeräumt werden.
Wie bei vielen Sammelbänden, drängt sich auch bei der vorliegenden Veröffentlichung der Eindruck eines „Gemischtwarenladens" auf. Das liegt in der Natur der Sache, wird hier aber durch die interdisziplinäre Verteilung der Beiträge auf unterschiedliche Fachwissenschaften besonders spürbar. In sich geschlossener und aussagekräftiger scheint dem Rezensenten der zweite Teil des Bandes zu sein. Gewiss zeichnet der erste Teil ein interessantes Panorama des mittelalterlichen Städtebaus in einer Landschaft, die vielleicht mehr als andere davon geprägt ist. Das Bild bleibt indessen fragmentarisch und kann dem Leser, der nicht in Bauforschung, Kunstgeschichte, Archäologie und Geschichtsforschung gleichermaßen bewandert ist, kaum ein zusammenhängendes Bild des Forschungsstandes rund um die „Alte Stadt" vermitteln. Deutlich wird dieses Manko etwa im Vergleich mit Thomas Nitz' ausgezeichneter Monographie über Stadtentwicklung und Wohnbau in Erfurt,[2] - in der das gesamte Methodenbündel der interdisziplinären Stadtforschung mit reichem und instruktivem Ertrag auf einen einzelnen Untersuchungsgegenstand angewandt wurde. Dieser Vergleich soll den vorliegenden Band freilich nicht entwerten, mit dem die „Erfurter Studien" ihr Blickfeld über die namensgebende Stadt hinaus erweitert haben. Die gute Ausstattung des vorliegenden Bandes steht seinem Vorgänger in nichts nach; auch sinnvolle Farbtafeln konnte der engagierte Verlag ermöglichen.

Holger Berwinkel (Berlin)

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Stadt und Geschichte No. 36, Heft 04/07, Erfurt 2007, S. 31.

Der 3. Band der „Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte“ vereint 18 Aufsätze namhafter Autoren, die an verschiedenen Beispielen aus Thüringen die Entstehungs- und Existenzbedingungen von Städten im Mittelalter sowie die Mittelalterrezeption des 19. und 20. Jahrhunderts thematisieren.
Der wissenschaftlich anspruchsvolle, gut bebilderte Band enthält neben Beiträgen zu Jena, Naumburg, Nordhausen, Saalfeld und anderen Städten auch drei Aufsätze zu Erfurt.
Karin Sczech stellt „Die mittelalterliche Stadtentwicklung Erfurts nach den archäologischen Befunden“ dar. Ausgehend von einem Überblick über die Forschungsgeschichte der archäologischen Stadtkernforschung in Erfurt seit den 1960er Jahren wertet sie die bis zur Gegenwart gesammelten Erkenntnisse aus den verschiedensten Grabungen aus. Ausführlich geht sie hierbei auf die Grabung zwischen Predigerstraße und Rumpelgasse in den Jahren 2000 / 2001 ein.
Rainer Müller erläutert unter dem Titel „Erfordia turrita“ Gestalt und Funktion der Erfurter Kirchtürme und weist auf deren „herausragende“ und damit auch symbolträchtige Bedeutung im Stadtbild bzw. im städtischen Leben hin. Nach einer Bestandsaufnahme der in kaum einer anderen Stadt so zahlreich vorhandenen Kirchtürme werden diese sowohl nach Bauzeit als auch nach Bauherren (Pfarrgemeinde, Stiftskleriker, Mönchskonvente) analysiert und damit die unterschiedlichen Entstehungsbedingungen, Bauformen und Nutzungen veranschaulicht.
Einen Aspekt der jüngsten Erfurter Geschichte stellt Mark Escherich in seinem Beitrag „Wandlungen der Sicht auf die Erfurter Altstadt am Beispiel des Angers“ vor. Er zeigt auf, wie der Anger am Ende des 19. Jahrhunderts durch Neubauten im Stil des Historismus ein völlig neues Erscheinungsbild erhielt, beleuchtet die Diskussionen um die Architektur der „Neuen Sachlichkeit“ in den 1920er Jahren und macht deutlich, wie sich in der Stadtplanung der DDR-Zeit eine Wandlung von der fast vollständigen Negierung historischer Stadtstruktur zur Wertschätzung des überkommenen Baubestandes verschiedener Zeiten vollzieht.

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[2]Thomas NITZ, Stadt - Bau - Geschichte. Stadtentwicklung und Wohnbau in Erfurt vom 12. bis zum 19. Jahrhundert (Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte, 2), Berlin 2005. Siehe dazu meine Rezension in: Jahrbuch für Erfurter Geschichte 1 (2006), S. 138-140.


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